Dienstag, 17. Juni 2014

Fußball live vertonen

Auf die meisten Kommentare beim Fußball kann man getrost verzichten. Wenn man überhaupt Fußball guckt. Ich mag Fußball. Daher auch die Idee am 19. Juni das Spiel Uruguay gegen England live zu vertonen. Sicher keine ganz neue Idee mehr, aber immerhin eine Herausforderung, die nach Improvisation schreit. Deshalb bin ich sehr gespannt auf den Auftritt. Auch wenn ein Fußballspiel taktisch geplant ist, wird im Grunde immer improvisiert. Man kann zwar trainieren, doch nicht vorher sehen, was passieren wird. Deshalb vertone ich das Spiel gemeinsam mit meinem Kollegen Max Geng am Schlagzeug. In den Bildern steckt sehr viel, was in unseren Konzerten eine Rolle spielt: Rhythmus, Emotion, Spannungsbögen und natürlich Bilder. Es wird zwar keine eigenen Videos geben, aber dafür steht das Bild als Impulsgeber im Mittelpunkt. Ich freue mich sehr auf den Abend, der mal wieder etwas völlig neues verspricht. Außerdem kann ich halt das Spiel gucken, was es auch ganz angenehm macht. Haben doch die meisten Bühnen Probleme, während einer WM überhaupt Publikum anzulocken. Ein Deutschland-Spiel hätte ich nicht gewählt, aber die Idee sollte umgesetzt werden. Dafür werden wir am Samstag, den 21. Juni zur Fête de la musique zeitgleich zum Spiel Deutschland gegen Ghana eine Jamsession nach unserem Auftritt spielen. Mal sehen, wieviel Publikum dort sein wird. Das wird dann aber keine musikalische Begleitung des Spiels. Wir sind gespannt auf das Kulturforum Hellersdorf und sein Publikum. Immerhin wurden wir um 19 Uhr zwischen zwei dort bekannten Acts platziert. Wir spielen nunmal keinen konventionellen Jazz.

19. Juni Hear and Now
Vertonung des Spiels Uruguay gegen England

Brotfabrik Berlin
Caligariplatz 1
13089 Berlin
Beginn 21 Uhr
Eintritt 9/6 Euro

brotfabrik-berlin.de

21. Juni Fête de la musique

Kulturforum Hellersdorf
Carola-Neher-Straße 1
12619 Berlin

Hear and Now Set ab 19 Uhr
ab 21 Uhr Jamsession mit allen Musikern des Tages
Eintritt frei

kulturring.org



Mittwoch, 4. Juni 2014

Impro und Inklusion in Pritzwalk

Gruppentrommeln
Vom 23. bis 25. Mai fand in Pritzwalk in der Prignitz ein kleines Improfestival statt. Nun ist man mittlerweile gewohnt, dass die Crumbs oder andere internationale Stars auftreten und sich die ganze Improszene bei den Shows die Klinke in die Hand gibt. Anders war es in der Prignitz. Hier wurde die Not zur Tugend gemacht. Pritzwalk ist vielen gar kein Begriff und wenn dann eher wegen der ausgestorbenen Innenstadt und der flachen, aber wunderschönen Gegend darum. Beim Improfeeling wurden drei leerstehende Läden genutzt, um sie mit Improvisation und Leben zu füllen. Gefördert wurde das Ganze von der Aktion Mensch. Es wurden Improtheater, Impromusik, Clownworkshops gegeben und Masken gebaut. Auch noch nicht so ungewöhnlich. Interessant war es für mich deshalb, dort als Teilnehmer hinzufahren, weil die Gruppe der Teilnehmer so gemischt war. Im Grunde war es ein Inklusionsprojekt, an dem Menschen mit und ohne Behinderung teilnahmen. Auch eine Wohngruppe des CJD nahm an den Workshops teil. Zwar kamen schon viele vor dem Festival mit Improvisation in Berührung, doch wurden noch nie gemeinsam Workshops gemacht. 

Maskenspiel mit Geräuschen
Wir trafen uns zunächst auf dem Marktplatz und trommelten uns in unserer 45 Mann starken Gruppe ein. Am ersten Abend gab es viele Gruppenspiele und gemeinsame Circle Songs. Besonders spannend ein Stuhl-Wechsel-Spiel, in dem jemand aus der Mitte eine Frage stellt und diejenigen den Platz wechseln, auf die die Antwort zutrifft. Ein großer Spaß für alle.

Ich nahm am nächsten Tag an einem Impromusik und an einem Clownworkshop teil. Es fiel mir sehr leicht, nach dem ich nun schon seit über 5 Jahren regelmäßig selbst Workshops in der Prignitz gebe, mich auf den Spaß einzulassen. Im Musikworkshop experimentierten wir 12 Teilnehmer viel mit Rhythmus und Geräusch und verbanden es mit szenischem Spiel. Die Freude war allen sehr anzusehen, auch wenn die Aufmerksamkeitsspanne teilweise auseinander ging. Die Freude am Miteinander improvisieren stand im Vordergrund. Und wenn ich ehrlich bin: Alle Welt spricht mittlerweile von Inklusion, doch habe ich fast nie die Möglichkeit, sie auch zu leben. Das wollte ich unbedingt machen und wurde nicht enttäuscht. 

Clownspaare
Die Unterstützung in der Gruppenimprovisation half beim Zusammenwachsen der Gruppe, so unterschiedlich die Menschen auch waren. Im Clownworkshop arbeiteten wir viel mit Partnern und pbten Vertrauen und Führung in den Kontrasten der Figuren. Auch hier war es eine lockere Stimmung mit viel Spaß und tollen Ergebnissen. Alle waren nach den dreistündigen Workshops zwar platt - ich auch - aber wir freuten uns auf die Werkschau am Samstag Abend. Hier führten wir unterschiedliche Dinge aus den Workshops auf. Meistens als große Gruppe, die auch das Publikum im alten leerstehenden Rossmann mit einbezogen. Und dabei war eines immer klar: Niemand lacht über die Behinderung eines Menschen, sondern über die Komik, die durch die Improvisation entsteht. Es war ein wohl wollendes Miteinander. Besonders beeindruckt haben mich die Masken, die die Teilnehmer gefertigt hatten. Hier wurden Geräuschimpro und non verbales Maskenspiel in der Aufführung kombiniert. Die Masken waren riesig und man hätte nicht geglaubt, dass sie in nur drei Stunden entstanden sind. Selbst der Bürgermeister hat sich nicht lumpen lassen und kam mit seiner Frau zur Aufführung. Nach fast 1,5 Stunden war es vorbei mit Improszenen, Clownspaaren, Trommeln und Singen.

Selbst gemachte Masken
Ein Improfestival für's Herz war das. Sah ich doch soviele glückliche Gesichter und Menschen, die, so unterschiedlich sie auch sind, viel Spaß miteinander hatten und dem Impuls des Au Ja's im Impro folgten. Behinderungen und Handicaps standen zu keiner Zeit im Mittelpunkt, genauso wie sich auch niemand in den Vordergrund spielte. Ich erlebte zwar kein professionelles Improtheaterspiel und international schon gar nicht, aber solch ein Ja sagen zum anderen war mir viel mehr wert. Leerstehenden Raum so zu nutzen ist einfach eine tolle Idee, die die Initiatoren rund um das Vogelfrei Theater dort hatten. Ich hoffe auf eine Fortführung und bin sicher das nächste Mal wieder dabei. Ob als Dozent oder Teilnehmer werden wir sehen. In jedem Fall ein großer Spaß die Unterschiedlichkeit zu leben und zu erleben.