Mittwoch, 16. Dezember 2009

Nachtrag zu Aggression

Während meiner Beschäftigung mit Männlicher Sozialisation und Gewaltentwicklung bei Jungen spielte bei der Begriffsdefiniton von "Gewalt" auch der Begriff "Aggression" eine große Rolle. Wichtig dabei ist, dass Aggression Frust vorausgeht als Gefühl des "gerichtet Handelnden". Nichts anderes bedeutet Aggression. Ob sie dann als positiv oder negativ gewertet wird, also Gewalt ist, wird von der Gesellschaft bestimmt. Negative Gewalt hängt dabei eng mit schädigender Aggression zusammen, die von der Gesellschaft meist sanktioniert wird. Auch spielt der Begriff der "Macht" (lat. potestas) eine Rolle. Als Macht wird das "Durchsetzen eigener Interessen gegenüber anderen" bezeichnet.

Um eine Brücke zum Theater zu schlagen, müsste die Gleichung also wie folgt lauten:

Frust, Unmut, Angst --> negative Aggression --> Kontrollgewinn in der Szene durch Macht (Durchsetzung eigener Interessen, also Ideen)

Also scheint aggressives Verhalten auf der Bühne mit Frust, Unmut und Angst verknüpft zu sein, der durch das gerichtete Handeln negativer Art zu Macht und Kontrollgewinn führen soll. Aggression in Improtheaterszenen heißt also Durchsetzen der eigenen Ideen gegenüber den MitspielerInnen.

Freitag, 13. November 2009

Magisterarbeit "Die musikalischen Paramter der Gruppenimprovisation in den frühen 1970er Jahren"

Meine Arbeit zur Erlangung des ersten Akademischen Grades Magister Artium für Musikwissenschaft ist online unter stephanziron.de in der Rubrik Lesen - Wissenschaftliche Arbeiten verfügbar.

Die musikalischen Paramter der Gruppenimprovisation
in den frühen 1970er Jahren

Auszug aus dem Inhaltsverzeichnis

  • Improvisation - Eine Einführung:
    Terminologie
    Komposition versus Improvisation - Begriffswandlung und Bemühungen um Ausgleich im 20. Jahrhundert
    Gruppenimprovisation
    Zum Prozessaspekt in der Gruppenimprovisation
    Die Interaktion in der improviserenden Gruppe
  • Instant Composer Pool und seine Musiker
  • Höranalyse - Groucomposing II
    Die Rolle des Rhythmus, der Melodie und des Zusammenklangs in der Gruppenimprovisation

Einleitung

„Melodie ist das, was immer vermißt wird“ - Hanns Eisler

Die Improvisation begegnet dem Menschen tagtäglich. Trotz aller Planungen muss er mehrfach spontan entscheiden und damit eine Situation in die eine oder in die andere Richtung lenken. Zwar sind wir bemüht unser Leben so zu gestalten, dass alles nach unserem inneren Plan verläuft, jedoch gelingt dies nicht immer. Somit ist die Fähigkeit spontan verschiedenste Entscheidungen zu treffen, angeboren und eine unserer wichtigsten.

In der Musik hat das Improvisieren bereits in frühesten Zeiten seinen festen Platz. Spontane Musikerfindung, ob allein oder in der Gruppe, ist nach wie vor ein entscheidender Motor in der Musikgeschichte. Wie auch im Alltag eines Menschen, ist die Improvisation eine Grundlage, um Situationen zu meistern und Neues zu schaffen. Ohne das Musizieren aus dem Stegreif hätten keine Grundlagen für soziales Handeln, mit dem die Musikausübung eng verknüpft ist, geschaffen werden können. Doch wenn Plan und Spontaneität in der Musik die Analogie zur Komposition und Improvisation rechtfertigen, dann ist die Gegenüberstellung beider Phänomene einerseits eine gefestigte Polarität. Andererseits stellt sich die Frage, wie und wodurch Komponist und Improvisator im Laufe der Musikgeschichte derart gegenüber gestellt wurden. Wenn von Improvisation in der Musik die Rede ist, wird sehr schnell die Verbindung zum Jazz hergestellt. Mit dieser Arbeit soll gezeigt werden, dass die Improvisation nicht nur in diesem Musikgenre einen hohen Stellenwert besitzt, sondern auch in einem musikalischen Bereich praktiziert wird, der nicht mit dem Etikett 'Jazz' belegt ist.

Die vorliegende Arbeit ist dreigeteilt in einen einführenden Theorie- und Geschichtsteil, einer Höranalyse und einem Fazit, in dem Schlussfolgerungen aus der Verbindung von Theorie und Analyse gezogen werden. Zu Beginn dieser Arbeit wird in den Begriff, der Theorie und Geschichte der Improvisation eingeführt. Dabei stehen zunächst terminologische Aspekte im Mittelpunkt. Die Etymologie ist nicht nur der Zugang zum Sprachgebrauch, sondern auch zur Rolle der spontanen Musikerfindung in der Musikgeschichte, welches ferner gezeigt werden soll. Dabei wird die musikgeschichtliche Entwicklung nachvollzogen, die zu einer Gegenüberstellung von Komposition und Improvisation geführt hat.

Ernest T. Ferand beschäftigte sich in seinem Buch 'Die Improvisation in der Musik' eingehend mit der Kategorisierung von Improvisation und deren historischer Entwicklung. Basierend darauf soll geklärt werden, welcher von Ferand beschriebenen Improvisationsarten die Gruppenimprovisation der frühen siebziger Jahre zuzuordnen ist. Des Weiteren werden die musiksoziologischen Begriffe 'Interaktion' und 'Prozess' in die Analyse einbezogen. Inwiefern sie eine Rolle im gemeinsamen improvisieren spielen und ob sie anhand der Tonsatzparameter identifiziert und nachvollzogen werden können, soll beleuchtet werden.

Als Beispiel hierfür dient im Analyseteil das Stück Groupcomposing II der niederländischen Improvisationsgruppe Instant Composer Pool, das 1970 in Rotterdamm aufgenommen wurde. Die siebziger Jahre sind geprägt durch die Kunstbewegungen Fluxus und Happening, die Kunst nicht abgekoppelt von den Rezipienten betrieben, sondern das Publikum aktiv mit einbezogen und damit zu einem gesamtmenschlichen und -gesellschaftlichen Handeln erheben wollten. Die Gruppenimprovisation ist nur ein Teil dieser Bewegung. Eine Aufnahme des Stücks befindet sich im Anhang der Arbeit. Die Gruppe und ihre Mitglieder werden in Kurzportraits vorgestellt.

Neben der Einordnung in die Improvisationsarten soll mit dieser Arbeit schließlich geklärt werden, ob und wie die im schriftlich fixierten Tonsatz verwendeten Parameter Melodie, Rhythmus und Zusammenklang in der Gruppenimprovisation der frühen siebziger Jahre Verwendung finden. Dazu wird das Analysestück auf diese Aspekte hin mittels einer Höranalyse und der Erstellung einer Hörpartitur untersucht. Finden sich Melodien, Themen oder Motive in der Gruppenimprovisation? Gibt es ein einheitliches Gesamtmetrum, an dem sich die Musiker orientieren? Wie wirken die Instrumente auf einander und im Zusammenspiel und welchen Stellenwert hat er in der gemeinsamen spontanen Musikerfindung? Des Weiteren soll herausgefunden werden, ob die Gruppenimprovisation von den Musikern bewusst oder unbewusst strukturiert wird. Wenn es eine Strukturierung gibt, welche musikalischen Mittel und Tonsatzparameter werden verwendet?

Hanns Eisler begegnet mit seiner zu Beginn zitierten Aussage der Frage nach dem Stellenwert der Melodie in einem Werk, also eines der Tonsatzparameter. Im Fazit wird die Verbindung zwischen den eingangs formulierten Fragen und den Ergebnissen und Problemen der Höranalyse des Beispiels einer Gruppenimprovisation in den frühen siebziger Jahren aufgezeigt.

Die Forschungen auf dem Gebiet der Improvisation erschöpfen sich zu Teilen meist im etymologischem, terminologischem Bereich, welche sich meist auf ältere Erkenntnisse stützen. Zwar schuf Ferand mit seinem Buch eines der Standartwerke, jedoch folgte nach der Publikation keine vergleichbare in diesem Umfang. Wenige Ansätze findet man in der Musiksoziologie und -psychologie. Wenn die Improvisation jedoch als Grundlage für jegliche Musikausübung verstanden werden kann, ist die Relevanz des Themas um so höher. Um diese Relevanz zumindest im Ansatz zu stützen, ist diese Arbeit entstanden. Denn wie gezeigt wird, ist die Improvisation in ihren verschiedenen Formen eines der bedeutendsten Phänomene der Musikgeschichte für Musikpraxis wie für die Musikwissenschaft.



Jubiläums- und Abschiedskonzert am 10. Dezember


Am 10. Dezember findet mein Jubiläums- und gleichzeitg Abschiedskonzert im Theaterdock, Lehrter Straße 35, 10557 Berlin Moabit, statt. Es ist nun ein Jahr her, dass ich mit dem Solokonzert in diesen Räumlichkeiten begann. Leider entwickelten sich die Zuschauerzahlen nicht befriedigend. Ein Jahr wollte ich wenigstens durchhalten. Aber ich muss Konsequenzen ziehen, auch wenn es schade ist.

Am 10. Dezember gibt es ein Special. Einerseits spiele ich Hear and Now, andererseits zusammen mit meinem guten Freund Stephan von Bothmer. Mit ihm begann ich vor über drei Jahren das Akustikduo Beppo. Stephan an der Gitarre gibt Stimme und schreibt die Mehrzahl der deutschsprachigen Lieder. Anzusiedeln sind sie bei Akustik-Pop. "Emotional, ironisch und intelligent. Voller Sehnsucht und Fernweh, zeitlos mit Zeitgeist. Warm wie ein goldener Herbsttag.", schrieb ich auf unserer Website www.beppomusic.com. Das trifft es sehr gut. Die Besetzung mit Gitarre, Klavier und zwei Stimmen ist intim und das macht für mich den Reiz aus.

Afterwork vs. Konzert


Eine Veränderung des Konzertkonzepts wird es wohl schleunigst geben. Eine steht schon fest. Am 10. Dezember spiele ich das vorerst letzte Mal im Theaterdock in Moabit. Die Zuschauerfrequenz war doch zu niedrig, was sicher auch der Anbindung geschuldet ist. Denn die Kommentare der Besucher, die da waren, waren durchweg positiv. Was mich ermuntert weiter zu machen. Jedoch in einer anderen Location. Wo ist noch offen. Ich freue mich über Hinweise und Vorschläge!

Was mir des Weiteren durch den Kopf ging, war, dass das Konzert doch nicht den Charakter des Afterworks inne hat. Es war meine Angst, dass zu einem mit "Improvisiertes Klavierkonzert" betitelten Abend wenig Gäste kommen. Die Angst vor dem "steifen" Konzert à la Philharmonie könnte zu groß sein. Aber im Laufe der 11 Konzerte stellte ich mehr und mehr fest, dass Hear and Now nicht mit einem daher tröpfelnden Afterwork-Konzert vergleichbar ist. Auch wenn es Momente gibt, in denen entspannt werden kann. Aber ich möchte nicht das Label "Entspannungsmusik" aufgedrückt bekommen, weil es schlichtweg nicht stimmt. So gewann ich in den letzten Monaten den Mut das Konzert als Hear and Now - Improvisation zu betiteln. Vielleicht mit dem Zusatz: Piano Konzert, was sich aber erübrigt, weil auf den neuen Plakaten ein Klavier zu sehen ist. Wichtig fand ich auch, dass die potentiellen Gäste ein Gesicht dazu bekommen. Daher mein Konterfei auf dem Plakat. In welcher Form und wo vor allem Hear and Now im nächsten Jahr stattfinden wird, bleibt noch offen. Die Ortssuche läuft...


Aggressivität & Formenbruch in der improvisierten Musik

Während meiner Beschäftigung mit der Improvisationsgruppe Instant Composer Pool im Zuge meines Studienabschlusses und ihres Live-Mittschnitts Group Composing II von 1970 fielen mir zwei entscheidende Dinge auf:

1) Aggressivität im Spiel 

Improvisierte Musik wirkt an manchen Stellen sehr aggressiv. Laute und intensive Spielweisen schaffen ein aggressives Bild und eine gereizte Stimmung. Ob durch Atonalität oder scharfe Dissonanz, die empfundene negative Aggressivität taucht immer wieder in Stücken auf. Im Falle des "ICPs" sogar sehr häufig in ca. 23 min Gruppenimprovisation. Wie auch im Improtheater-Post über das Thema, ist hier meine Vermutung, dass ebenfalls durch diese Vorgehensweise eine Art Kontrolle ausgeübt wird. Die Zuschauer beeinflussen das Ensemble und jeden einzelnen durch indirekte Rückkoppelung, quasi durch pure Anwesenheit mit allem was im Konzert dazu gehört. Dennoch kann man sicher nur nach Rücksprache mit den Musikern zu einer wahrhaftigen Aussage über die Aggressivität im Spiel kommen. 
In meinen Konzert wechseln sich verschiedene Stimmungen ab. Ein Teil davon ist ebenfalls durch Aggression bestimmt. Ich habe lange darüber nachgedacht, woher diese kommt. Es ist zwei geteilt. Zum einen hängt der musikalische Ausdruck auch immer an der Tagesform und der momentanen mentalen Verfassung zum Zeitpunkt des Konzerts. Zum anderen würde ich mit meinem eigenen Solokonzert die These stützen, dass Aggressivität auch zu einem Teil den Versuch darstellt, Kontrolle zu gewinnen über etwas, über das es nie die gänzliche Kontrolle gibt: Das Publikum.

2) Formenbruch

In der Gruppenimprovisation des Instant Composer Pools stellte sich der Aufbau und Zusammenbruch von musikalischen Feldern und Teilen als stilistisches und formales Mittel der Improvisation heraus. Etwas aufzubauen, meist dabei komplexer und lauter zu werden, ist ein zentrales Vorgehen der Musiker im Kollektiv, dass unweigerlich das gesamte Stück in eine Form bringt. Ist jedoch erst einmal eine nachvollziehbare Form entstanden, wird sie gesteigert und überhöht bis zu einem Klimax, der nicht mehr vergrößert werden kann. Danach bricht der Teil ab und ein neuer beginnt.
In meinen Konzerten versuche ich die musikalischen Teile mit einander zu verbinden, oft durch Modulationen oder kleinen Teilen, die nicht als großer neuer musikalischer Teil gewertet werden können, also Intermezzi. Es ist eine andere Herangehensweise mit musikalischer Form, was daran liegt, dass ich bemüht bin, dem Publikum einen roten Faden zu bieten. Das geschieht meist in Form eines oder zweier Themen, die im Laufe des Konzerts immer wieder in Ur-Form oder verändert auftauchen. Der Belohnungseffekt ist befriedigend für das Gehirn. Nicht nur für meines. Aber da liegt auch die Crux: Wenn ich diese formalen Schranken durchbrechen will, müsste ich mich nicht von dieser indirekten Rückkoppelung des Publikums beeinflussen lassen. Es sind schlicht gesagt, Erwartungen, die ich meine zu kennen und erfüllen will. Einerseits ist das das Reizvolle für das Publikum, aber auch das Behindernde für mich in meiner Ausführung. Ein Mittelweg ist gut, aber vielleicht werde ich den doch noch verlassen. Wer weiß?!
Das Brechen der Form ist wohl das Charakteristischste an einer Improvisation und einem Konzert, was ca. eine Stunde vollständig im Moment entsteht. Nach dem letzten Konzert habe ich das Feedback bekommen, dass ein Hörer immer auf Pausen gewartet hat zum Klatschen, wie in Konzerten mit mehreren Stücken üblich. Wenn man klassische Klavierkonzerte kennt, weiß man, dass man erst am Schluss klatscht. Aber ich verstand die Bemerkung und sie war positiv gemeint, da er hinzufügte, dass es ungewöhnlich für ihn und neu für ihn gewesen sei. Die erhofften Pausen sind dann die Intermezzi, in denen musikalisch und kognitiv innegehalten werden kann. Klatschen wäre da sicher nicht angebracht. Aber es gehört auch zum Konzeot des Konzerts ungewöhnlich zu sein. Nicht nur durch die Tatsache, dass das Konzert vollständig improvisiert ist.

Aggression und Streit im Improtheater

Sehr oft beobachte ich in Szenen SpielerInnen, die zu Aggression und Wutausbrüchen in ihren Figuren neigen. Wenn man Aggression als den Versuch einer Machtausübung über jemanden verstehen will, bedeutet dies also, SpielerInnen wollen in diesem Moment die Szene bestimmen. In einem früheren Post wurde ja schon auf die Negativität hingewiesen, die auch die Szenerie bestimmt. Aggression geht meist mit Negativität einher. Viel Unsicherheit ist dabei im Spiel. Unnötig, wie ich finde.

Dennoch finde ich es schade, dass das allseits so beliebte Zettelspiel meist eine Streitszene ist oder eine wird im Verlauf des Spiels. Ist das nötig? Ich meine nicht!

Freitag, 2. Oktober 2009

Neue Saiten entdecken

Gestern mal ganz nackt. Nicht ich, sondern das Klavier. Nachdem ich es gestimmt hatte, verzichtete ich auf die Abdeckungen für das opulente Innere des Instruments. Und wie ich es mir so anschaue, fingere ich natürlich auch an den Saiten herum. Damit war die Idee geboren, heute ohne Sampler, aber mit Einsatz anderer Klangmöglichkeiten des Klaviers mein Konzert zu spielen. Von Zupfen der Saiten, darüber streichen, an den tiefen Saiten kratzen oder, besonders reizvoll, Saiten abzudämpfen, während sie gespielt werden. Eine neue Klangwelt, die etwas einfacher und intuitiver hervor zu bringen ist als mit einem Sampler. Jedoch sind auch da nicht die letzten Messen gesungen....

Wie gesagt, ein neues Klangerlebnis. Früher habe ich es immer als albern oder arrogant empfunden, wenn Pianisten die Saiten des Instruments in ihr Spiel einbeziehen. Das wirkte immer sehr abgehoben, "Ich mache Kunst...Hurz!". Jedoch nun, einige Jahre und Konzerte später, bin ich überzeugt von einem massvollen Einsatz der Saiten und anderen Möglichkeiten des Klaviers. Auch wenn es gestern der erste Versuch war, weiß ich, dass es in Zukunft weiter um Reduzierung gehen muss. Nicht nur beim Einsatz von Saiten oder Dämpfungen. Auch der Einsatz des Pedals muss weiter gedacht werden. Eine alte Hürde, die eigentlich nur Unsicherheit kaschieren will. Weniger Pedal! Das wusste ich schon lange. Außerdem auch, und das sagte mir ein Kollege schon, muss ich mir mehr Pausen zu trauen oder Einfachheit. Die Unsicherheit und der Gedanke an die Erwartungen des Publikums sind die direkten Beeinflussungen auf mein Spiel. Manch einer mag sich fragen, an welchem Punkt im Konzert denn nun das Publikum den Pianisten beeinflusst.... Genau dort! Mit den Erwartungen. Das ist natürlich völliger Nonsens, meinen, zu wissen, was der Hörer will. Dementsprechend arbeite ich daran und es wird auch immer besser. Und wie so oft auf der Bühne: Es ist die Innensicht. Außen merkt kaum jemand diesen Zustand.

Beeinflussung ist eben nicht nur Interaktion! Die Rückkoppelung auf eine Aktion des Publikums erfolgt in der Musik, auf dem Klavier, in meinem Spiel.

Sonntag, 13. September 2009

Improkonzert und Sampler

Beim letzten Hear and Now Konzert war es soweit. Ich hatte mir in den letzten Monaten ja immer wieder Gedanken gemacht, was ich noch anders machen kann bei der Improvisation. Nun kam das erste Mal der Roland Sp 404 Sampler zum Einsatz. Ich muss zugeben, dass ich nur wenig Zeit hatte, mich wirklich mit dem Gerät zu beschäftigen. Dennoch fühlte ich mich fit genug, einige Drumloops darauf zu laden und damit zu arbeiten. Doch war die Vorfreude etwas zu früh. Beim Soundcheck ging mir alles noch sehr gut von der Hand. Beim Konzert selbst jedoch, fühlte ich mich arg unter Druck, das so verheißungsvoll blau blinkende Gerät vor mir zum Einsatz zu bringen. Nach wenigen Minuten spielte ich nun also einen elektronischen Beat über den Sampler ein. Es störte mich von Beginn an schon, dass ich beim Spielen einen Kopfhörer tragen musste, um den Sampler zu hören. Das linke Ohr nur halb mit der Ohrschale besetzt, spielte ich also. Doch genau genug konnte ich das Klavier nicht hören. Vielmehr hatte ich den mit 120 Schlägen in der Minute treibenden Rhythmus auf den Ohren und somit den Druck mich darauf zu setzen mit meiner Improvisation. Sehr wohlgefühlt habe ich mich dabei nicht. Ich bemerkte, wie schnell ich in populäre Muster falle, die letztlich nicht wirklich zu meinem Improvisationsstil zu passen scheinen. Zumindest nicht, wenn ich bei 120 bpm bleiben muss und mich nicht frei entscheiden kann, wie schnell ich eine Passage spiele. Ob ich schneller oder langsamer werde, ob ich abbrupt das Tempo oder die Taktart wechsle, was häufig vorkommt. Verlegen versuchte ich den Beat auszublenden und merkte dabei schon, dass dies wenig elegant klingt. Sobald der Rhythmus lief, war ich in ein Korsett von Schlägen gesperrt, die mich sofort unwohl fühlen ließen. Mein Versuch der freien und befreiten Improvisation schlug zu 50 % oder mehr fehl. Ich spielte also weiter wie immer, ohne Rhythmus. Das lief dann wieder besser. Ich versuchte dann noch einmal einen anderen Beat zu nutzen. Auch 120 bpm. Obwohl mich dieser mehr insprierte, weil er komplexer daher kam, wollte mir die Improvisation darüber nicht wirklich zufrieden stellen. Sofort sprang ich in Popmusik-Schemata, was nicht meine Absicht war und auch sonst bei meinen Konzert nicht der Hauptfokus ist. Wenn es sich ergibt, ok, aber sich so von einem Rhythmus hinein zwingen zu lassen, das sollte eigentlich nicht sein. Es schloss sich eine jazzige Passage an, die mir im Nachhinein sehr gut gefallen hat. Wohl auch, weil sie protestartig daher kam und einen Gegensatz zu dem Elektropop aus den vorherigen Passage bildete. Nach dem Jazzteil versuchte ich es aus eigener Inspiration mit schweren, getragenen Harmonien, die auch in Rockmusik passen. Ich hatte auf dem Roland noch einen Rhythmus gespeichert, der etwas schneller als 120 bpm, hervorragend mein Spiel ergänzte. Wohl weil ich nun wusste, dass meine Improvisation vorbereiten müsste auf den Rhythmus, der dann auf Knopfdruck einsetzt. Der Rockrhythmus trieb mein Spiel auf eine Spitze, auf eine Erlösung hinzu, die nötig wurde durch den musikalischen Spannungsaufbau. Einzig das machte mich noch zum Schluss der ca. 60 min Hear and Now zufrieden. Aber ein Eindruck bleibt: Ein Rhythmus zwängt mich in ein Korsett, was mich eher beim Improvisieren behindert, als das es mein Spiel unterstützen würde. So könnte ich es mit atmosphärischen Sounds probieren und wenn Beat, dann einer, der nicht aufdringlich in ein Tempo zwängt. Denn, wenn ich eines mit dem Improvisationskonzert erreichen will, ist es ein wirklich freies Spiel auf dem Klavier, das zwar auch nach Regeln folgt, also bedingt gebunden ist, aber nicht von anderen Faktoren zu sehr bestimmt wird. Bleibt abzuwarten, ob ich mich bis zum 1. Oktober damit beschäftige, noch einmal ins kalte Wasser springe oder doch wieder ein reines Klavierkonzert gebe.

Mittwoch, 12. August 2009

Leitmotive in Langformen

Nach der Vorstellung einer Langform gestern, fiel mir auf, was die musikalische Begleitung in einer langen Geschichte bewirken kann. Ähnlich wie Filmmusik leitmotivisch, im Wagnerischen Sinne, aufgebaut sein kann, können in einer Improtheaterlangform musikalische Motive Figuren kennzeichen, unterstützen, vergrößern. Auch Motive für bestimmte Orte sind möglich und fördern den Wiedererkennungswert und -effekt beim Publikum. Ich versuche in Langformen immer wieder z.B. dem Helden oder dem Antagonisten musikalische Charakteristika in Form von Leitmotiven zu geben. Dies funktioniert auch bei Gefühlen, die die Figuren empfinden: Liebe, Hass, Eifersucht, Freude.... Schön wäre es, ich kann es nicht oft genug sagen, wenn die Spieler der Musik dann auch noch den Raum lassen. Sei es zu Beginn der Szene oder am Ende einer Geschichte. Besonders am Ende wäre es schön, wenn die Szene nicht mit dem letzten Satz sofort ausgeblendet wird, sondern die Figuren noch eine Weile stehen oder handeln, während das Leitmotiv der Geschichte, des Helden, o.ä. erklingt und quasi ein Abspann der Geschichte entstehen kann. Der Applaus setzt dann ganz automatisch ein und muss nicht durch eine schwarze Bühne erzwungen werden.

Montag, 10. August 2009

Sie da in der roten Jacke

Sollte man lieber das gesamte Publikum nach Orten, Namen, etc. fragen oder gezielt jemanden ansprechen! Ich denke bei 300 Menschen im Kesselhaus der Kulturbrauerei ist vielleicht sinnvoller gezielt jemanden zu fragen nach einer Inspiration, denn der Lärmpegel lässt es kaum zu, etwas zu verstehen, wenn das Publikum ruft.
Aber: Bei einem kleinen Publikum von 20 bis 30 Leuten kann man getrost verzichten, jemanden ins für ihn unangenehme Rampenlicht zu stellen durch quälend lange Abfragen, nur weil der befragte noch nicht die gewünschte Inspiration geliefert hat. Ein kleines Publikum ruft auch, wenn man es gut warm macht. Außerdem geht es nicht um Zivilcourage in der U-Bahn, bei der man jemanden gezielt ansprechen soll à la "Sie da mit der roten Jacken.". Man bedenke immer, dass das Publikum sich in einen Schutzraum der Dunkelheit begeben hat um Menschen auf einer Bühen zu sehen. Man sollte das vorsichtig angehen und nicht mit seiner Impro-Au-Ja-Energie-Ich bin der Geilste-Ich darf es rauslassen-Attitüde überrollen.

Warm Up muss nicht nur heißen seinen eigenen Namen auf die Bühne zu rufen oder andere Begriffe. Auch körperliches Warm Up oder Musik kann helfen. Es gilt hier immer die Regel: Je mehr Energie du auf der Bühne hast, desto mehr kommt im Publikum an und auch wieder zurück. So lange man seine Energie charmant versprüht, kommt man auch nicht als überdrehter Moderator an. Vorsicht und Taktgefühl ist nicht leicht beim Hochstatus des Moderators. Aber ich denke, man muss sich nur eines immer wieder klar machen: Es geht um eine gute Show, um Theater, um das Produkt und nicht um mich als Moderator. Deshalb heißt er doch Moderator von lat. moderatio/moderare → mäßigen, steuern, lenken. Vor allem "mäßigen" und vor allem sich selbst!

Negativität und Blockieren

Vor einigen Tagen las ich einen wichtigen Gedanken meines Kollegen Urban von Paternoster. Er schrieb:

"Impro Geschichten neigen dazu mit „negativer Grundhaltung“ zu starten! – Negativität heißt Kontrolle durch Kritik zu behalten – und da wir beim Impro unsicher sind, versuchen wir die Kontrolle zu behalten!"

Oh, wie Recht er hat! Und vor allem ist Negativität und Kontrolle kein Problem von Anfängern, sondern ist durchaus auch bei Profis zu beobachten. Man lernt eben nie aus. Sollten man zumindest nicht!

Freitag, 7. August 2009

Schnelle Begleitung, ruhiger Gesang

Oft höre ich von Improspielern, dass in einem Song die Begleitung viel zu schnell war. Ich entgegne oft, das dies sehr relativ sei. Denn: Selbst wenn z.B. ein schneller Country oder eine treibende Samba die Begleitung bildet, ist es doch möglich mit großen Notenwerten darüber zu singen. Mein Beispiel dafür: Brazil, Samba-Begleitung, sehr hektisch, viel Percussion. Die Melodie: Sehr lange Notenwerte. Besonders zu Beginn. Sie geben die Möglichkeit auf einem langen Ton zu verharren und dann immer noch das schnelle Tempo in die Melodie einfließen zu lassen. Vielleicht ist das auch ein Problem, wenn in Improsongs viel zu viel Text und Story untergebracht wird. Es gibt zahlreiche Beispiele, die mit wenig Text oder Melodie auskommen und trotzdem sehr schöne Songs sind...

Musik als Inspiration für Szenen

Bei den letzten Auftritten fiel nicht nur mir auf, dass nach dem Einzählen durch das Publikum sofort ein Spieler auf der Bühne eine Szene begann. Ich als Musiker hänge oft hinterher und die Musik wird kommentierend. Es würde sicher andere Szenen geben, wenn die Spieler mir und sich die Zeit geben, die Musik inspirierend wirken zu lassen zu Beginn. Auch wenn das schnelle "Auf die Bühne springen" ein trainierter Reflex ist, sollte man versuchen, es auch einmal anders herum zu versuchen. Ich denke, alle werden erstaunt sein, was dabei heraus kommt.

Ängste, Erwartungen und Beeinflussung des Klangergebnisses durch das Publikum

Es ist die Angst, die mich während des improvisierten Spiels von Zeit zu Zeit ergreift. Die Angst Erwartungen des Publikums nicht zu erfüllen. Die Angst, dass der Seufzer hinter meinem Rücken eine Aussage von Langeweile gleichkommt. Es hilft nur der Gedanke, dass Seufzen auch Entspannung bedeuten kann. Sitzen vermehrt unbekannte Menschen hinter mir während ich improvisiere, bemerke ich an mir, dass mein Spiel lapidar werden kann. Passagen werden gleichgültig und allgemein. Das drückt sich vor allem dann in harmonischen, melodiösen Phrasen aus, die darum ringen beim Publikum keinen Schrecken hervorzurufen. Dabei traue ich mich dann immer weniger auch atonal und rhythmisch freier zu spielen - aus Angst, den Menschen etwas zu bieten, dass sie abschrecken könnte. Dabei sind es genau diese Phasen, die ich als größtmöglichen musikalischen und persönlichen Ausdruck empfinde. Nach dem Konzert gestern, schweißnass und die Augen nahezu vollständig während des Konzerts geschlossen, überkam mich eine große Traurigkeit. Obwohl ich niemanden im Auditorium erblicken konnte, der nicht einen wohlgesonnenen Gesichtsausdruck hatte. Der Applaus war ebenfalls sehr herzlich und lang. Diese Zweifel zerreißen mich. Kurz darauf, wenn ich mir die positiven Reaktionen des Publikums noch einmal ins Gedächtnis rufe, weiß ich, dass ich nichts falsch mache. Wie auch in einem improvisieren Klavierkonzert? Es kommt mir dann der Gedanke, dass ich nicht nur Stellen spielen kann, die jedem im Raum gefallen. Stattdessen sollte ich bei meinem Stil und meinem Ausdruck bleiben. Denn das Publikum ist ja in jedem Moment des Konzerts gespannt, was passiert. Auch wenn eine Passage einen Hörer nicht erreichte oder ihm nicht gefiel, ist er doch gespannt, ob danach nicht etwas kommt, das er phänomenal findet. Die Hörerschaft von einer Einfachheit, z.B. durch wenige Töne, zu überzeugen und damit auszusagen, dass auch dies eine große Ausdruckskraft und Wirkung haben kann, ist nicht immer leicht. Das Publikum und diese Gedanken im Spiel auszuschließen, käme einer intellektuellen Selbstbefriedigung bei, die so nicht erwünscht ist. Also sind diese Gedanke genau die Art von Beeinflussung durch das Publikum, die ein Improvisationskonzert ausmachen. Auch wenn ich nächstes Mal wieder mehr ich sein möchte auf dem Klavier.

Mittwoch, 1. Juli 2009

Genreabfragen beim Improtheater

Jeder Improspieler kennt es: Wenn Genres abgefragt werden, ob im Genre-Replay oder beim "Das klingt nach einem Lied", eigentlich kommen immer die selben: Heavy Metal, Hip Hop, Schlager, Jazz, Country, etc. Nun ist es nicht verwunderlich, dass auf anhieb diese Prototypen gerufen werden. Immerhin sind es wohl diejenigen, die als "Genre" im Hirn abgespeichert werden. Und obwohl die Menschen oft selbst ganz andere Musik hören, rufen sie Prototypen auf die Bühne. Das gleiche Spiel mit Werkzeugen oder Farben. Vielleicht sind Menschen so.
Oder lässt dies auch Rückschlüsse auf Stamm-Impro-Publikum oder nicht zu? Ich denke, wer regelmäßig zu Improshows geht und Abfragen kennt, wird irgendwann kreativer und möchte die Routine brechen, die unser Hirn so schön leicht fährt. Es ist ja immer mit reduzieren von Komplexität unserer Umwelt beschäftigt. Und ähnlich wie der Improspieler versuchen vielleicht auch Zuschauer, die öfters zu Improshows gehen, ihr Gehirn zu fordern und andere Vorschläge, statt Prototypen, zu rufen.
Ich wünsche es mir. Ich wünsche mir Herausforderungen, wie R&B, Vocal-House, Bebop, Blues-Rock oder Madrigal. Bleibt zu hoffen, dass die Spieler auch genrefest sind, wenn solche Vorschläge wirklich einmal kommen....

Mittwoch, 13. Mai 2009

Indirekte Beeinflussung durch Publikum während eines Improkonzerts

Ein Improvisationskonzert ist schon ein schmaler Grad. Einerseits möchte man frei im Kopf sein und frei spielen. Andererseits möchte man dem Publikum etwas bieten, was ihm gefallen könnte. Aber genau im letzteren liegt das Problem. Ich habe besonders nach meinem letzten Hear and Now Konzert am 7. Mai gemerkt, dass es mich zunehmend einschränkt während des Spielens an das Publikum und seine Erwartungen zu denken. Das Resultat ist oft ein nichtiges dahin geplänkel irgendwelcher Akkordverbindungen, die nur zum geringen Teil das sagen, was ich sagen möchte.
Nachdem der Großteil des Publikums nach 45 min des Improvisierens auf dem Klavier gegangen war, nicht ohne amüsiert worden zu sein, wagte ich ein Experiment unter Anwesenheit der verbliebenen, meist Freunde. Ich setzte mich für einige Minuten noch einmal ans Instrument. Vorher klärte ich die Verbliebenen auf, dass jetzt der experimentelle Teil käme. Da ich die Konzerte mitschneide, also ein Mikro das Klavier abnimmt, lies ich den Sound über die PA laufen mit Unterstützung von Hall und Delay Effekt. Da es meinem Stil entspricht eher flächige Sounds zu produzieren ist Hall ein idealer Partner in der Klangfindung. Mein Wunsch beim Improvisieren ist es, weg zu kommen von festgefahrenen Strukturen und Akkordverbindungen. Eine Befreiung aus der jahrelang erlernten Form. Ein Schritt in Richtung Atonalität, die spannende Atmosphäre schaffen kann. Ich lies mir vier Zahlen nennen. Diese waren Grundlage meiner Improvisation. Basierend auf der chromatischen Tonleiter ab C. Ich glaube, es war 9, 7, 10 und 8. Sehr eng an einander liegende Töne. Das Resultat mit Unterstützung des Halls war von unglaublich befreiender Wirkung für mich. Eine neue Klangwelt eröffnet sich durch Mut zum Ungewöhnlichen. Mit Freunden im Rücken kam ich fast gar nicht in Verlegenheit an das Publikum zu denken und meinen zu wissen, was es hören will.
Nach etwa 20 Minuten experimentellem Zusatzkonzert wurde mir eines klarer, was ich zwar schon vorher wusste, aber nicht verinnerlicht habe: Die Wirkliche Befreiung und Emanzipation von Clownerie und Zurschaustellung von vermeintlichen technischen Kunststückchen zur Amüsierung des Publikums kann nur durch Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein geschehen. Allein der Moment der Enstehung dieser Musik hat genug Magie, dass ich mich trauen kann in meine eigene expressive Welt einzutauchen und sie auf der Klaviatur zu spiegeln. Das Wagnis eingehen, nicht alle Zuhörer mit meiner Musik und meinem Stil überzeugen zu können. Der ewige Appell, dass Geschmäcker verschieden sind. Mainstream sieht anders aus. Und so kann ich vielleicht mehr Leute davon überzeugen, wenn ich Authentizität wage und mir selbst treu bleibe. Ich muss diese Hürde überwinden. Der erste Schritt wurde am 7. Mai getan. Nach 5 Improvisationskonzerten.
Ich ziehe in Erwägung mit Elektronik zu arbeiten, weil es meine Möglichkeiten erweitert. Nur muss ich dort wieder eine Granze finden, weil zuviel Tätigkeiten vom eigentlichen Produkt ablenken und nicht frei werden lassen.

Das nächste Konzert am 4. Juni wird anders. Mal sehen und hören wie...

Wiedererkennung und Belohnungssystem

Letzten Mittwoch, Paternosters Jackpotshow, Maschinenhaus Kulturbrauerei Berlin

Mehrere Schulklassen waren anwesend. Alter: 16-18 Jahre. Nahezu logischerweise HipHop-Fans dabei.

Unweigerlich kam es zu einem improvisierten Song, der sich zum Hip Hop entwickelte. Sicherlich auch durch meine Rhythmuswahl. Die Spielerin stieg drauf ein und begann zu rappen. Auch die restlichen SpielerInnen bedienten fleißig das Klischee mit Tanzen und Rufen. Das Publikum beginnt mit zu schwingen.

Bis hierhin nichts Ungewöhnliches. Aber....

Als ich für den Refrain den Sound eines "Saw-Brass", wie etwa in der 80iger Van Halen-Nummer "Jump" genutzt, einbrachte, wurden die Jungs in der ersten Reihe hellhörig und wir bekamen mehr Aufmerksamkeit.

Was ist passiert?

Meiner Meinung nach liegt es genau an diesem Sound. Dieser erlebt in der HipHop Musik in den letzten Jahren eine Art Revival. Bestes Beispiel ist die Snoop Doggy Dog Nummer "Drop it like it's hot". Dort wird auch ein solcher Synth-Sound im Refrain benutzt.

Was hier passiert ist, ist nicht nur die Bedienung von Klischees. Ich gebe zu, dass ich dieses HipHop Klischee musikalisch bedient habe. Warum auch nicht?!

Aber: Die Bedienung von Klischees in der improvisierten Musik im Theater bedeutet auch an das Belohnungssystem der Zuschauer und Zuhörer zu appellieren. Musik, die so ähnlich klingt, wie bekannte Songs bildet erstens einen Wiedererkennungseffekt und zweitens eine Art Sicherheit im Hören. Wenn dem Publikum die musiklischen Strukturen klar sind, können sie sich auf den Text, Singmelodie oder Tanz, spricht das Geschehen auf der Bühne neben der Musik vom Synthesizer konzentrieren. Das erlaubt dann eine Lockerheit und die Zuschauer können sich in einer Gelassenheit den Dingen hingeben, die sie nicht erahnen können.

Somit bleiben diese Art von Songs und das Bedienen von Klischees in der Improtheatermusik oft Erfolgsgarantien. Nebenbei bemerkt, muss man Klischees ja nicht immer hundertprozentig ausspielen und mit Niveau können sie auch dargestellt werden, was in der Musik immer wieder, wie auch im Schaupspiel, bewiesen werden kann und von vielen Kollegen bewiesen wird. Gott sei Dank!

Man könnte eine Art Formel herunter brechen:

Benutze Sounds, die schon Erinnerungen hervor rufen. Das Publikum ist auf bestimmte Klänge genauso konditioniert, wie auf bestimmte musikalische Akkordfolgen und Rhythmen.

Am Anfang war....

Lang hab ich überlegt, ob ich der Cyberwelt meine Gedanken mitteilen soll. Ob überhaupt jemand diese Gedanken lesen wird. Auch wenn einige der Meinung sind, dass Bloggedanken lieber beim Verfasser bleiben sollten, statt das Internet damit zu füllen, entschließe ich mich nun doch einen Blog zu eröffnen.

Worum wird es vorrangig gehen?

Um Musik, um Improvisation, um die Entstehung von Musik im Kopf eines Musikers, im Kopf eines Zuhörers, um Improvisationstechniken und Improvisationstheater, um Musik im Improvisationstheater und ihre Wirkung.

Ich hoffe, als Improvisationsmusiker, der viel im Bereich des improvisierten Theaters tätig ist, in Geheimnis der Musik bei dieser spontanen Form von Theaterspiel einzuführen und weiterzuführen.

Aber nicht nur das Theater wird eine Rolle spielen. Vielmehr ist die improvisierte Musik und ihre inneren Vorgänge Thema des Blogs. Ich sehe nach meinem einstündigen improvisierten Konzert, das ich ein Mal im Monat in Berlin spiele, immer wieder Fragezeichen über den Köpfen der Hörerschaft. Eine von ihnen werde ich versuchen, zu Ausrufezeichen zu machen. Was passiert im Kopf und mit den Fingern, wenn im Moment Musik entsteht und welche Mittel werden eingesetzt?

Vielleicht erreicht dieser Blog eine Leserschaft und vielleicht findet sogar eine Diskussion darüber statt. Das wäre mein Wunsch!